Job ablehnen wegen zu geringem Gehalt

Regeln

Konkrete Berechnung

Frist – Beginn

Frist – Unterbrechungen

Zumutbarer Lohn

Mindestlohn

Sperrzeit – Voraussetzungen – Ablehnungsgründe

Finanzielle Hilfen

Regeln

Die zumutbaren Einkommensgrenzen sind in § 140 SGB III relativ eindeutig geregelt, sie müssen aber nicht so eindeutig verstanden werden. Denn es muss die Gesamtheit gesehen werden. Liegt das Gehalt an der untersten Grenze und die Entfernung an der äußersten Grenze, liegt in der Gesamtbetrachtung ein zu geringes Gehalt vor. Sie können dann die angebotene Tätigkeit wegen Unzumutbarkeit ablehnen. Aber: Ihr Arbeitsvermittler entscheidet, weil abgewogen werden muss. Erklären Sie ihm die Situation. Ihr Arbeitsvermittler muss alle Gründe bei seiner Entscheidungt berücksichtigen.

Grenzen – geringes Gehalt

Arbeitslosigkeit
zumutbares Gehalt
1.-3. Monat bis 20% unter bisherigem Bruttolohn *)
4.-6. Monat bis 30% unter bisherigem Bruttolohn *)
ab 7. Monat

Nettolohn**) mindestens in Höhe des Arbeitslosengelds

*)  Es gilt der durchschnittliche Bruttolohn, der für die Berechnung des Arbeitslosengeldes zugrundegelegt wurde.

**) Vermindert um Aufwendungen, die anlässlich der Tätigkeit anfallen (bspw. Fahrkosten).

Das bedeutet, dass Sie von Anfang an mit Lohneinbußen rechnen müssen.

Die Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit sollte diese Grenzen beachten. Allerdings wird von Arbeitgebern oft keine Lohnhöhe genannt. Deshalb kann der Vermittler in der Regel nicht beurteilen ob ein zu geringes Gehalt vorliegt. Es ist daher legitim, wenn Ihnen der potentiellen Arbeitgeber einen niederen Lohn anbietet, nochmals mit der Arbeitsvermittlung Kontakt aufzunehmen. Ihr Arbeitsvermittler wird Ihnen sagen, ob der angebotene Lohn zumutbar ist.

Wichtig: Ein Lohn innerhalb der Zumutbarkeitsgrenzen kann aber dann unzumutbar sein, wenn weitere ungünstige Arbeitsbedingungen hinzutreten. Deshalb muss im Gespräch mit dem Arbeitsvermittler immer die Gesamtsituation besprochen werden.

Sittenwidrigkeit
Ein Arbeitsentgelt kann sittenwidrig sein, wenn es um 30 % und mehr unter dem tariflichen oder ortsüblichen Arbeitsentgelt liegt.

Tarifwidrigkeit
Eine Bezahlung kann tarifwidrig sein, wenn sie unterhalb des maßgeblichen Tariflohns liegt und beide Parteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) tarifgebunden sind. Den Tariflohn kann jede Person beim „Tarifregister Ihres Bundeslandes“, falls Ihr Bundesland kein Register führt, beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Referat IIIa 8 erfragen. Eine Tarifmitgliedschaft ist nicht erforderlich

Berechnung: Zumutbarer bzw. zu geringer Lohn

Für die Berechnung sind folgende Werte von Bedeutung:

  • Beginn der Frist
  • Unterbrechungen der Frist
  • bisheriges Arbeitsentgelt

Eine neue Frist beginnt immer dann, wenn ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt wird auch das maßgebliche Arbeitsentgelt neu berechnet.

Sie haben zuletzt mindestens 12 Monate gearbeitet oder Krankengeld bezogen? Und Ihre Arbeitslosigkeit war bisher nicht unterbrochen? Dann lesen Sie direkt unter „zumutbarer Lohn“ weiter.

Beginn der Frist

Fristbeginn für die Berechnung des zumutbaren Arbeitsentgelts ist immer dann, wenn ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entsteht. Die Agentur spricht dann von der Entstehung des Stammrechts. Am Beispiel erklärt:

  • Sie haben zuletzt mindestens 12 Monate Versicherungszeit zurückgelegt und melden sich erstmals arbeitslos:
    Ein neuer Anspruch (Stammrecht) entsteht.
  • Sie haben bereits mehrer Arbeitslosigkeitsperioden zurückgelegt:
    Für das Entstehen eines neuen Anspruchs müssen seit dem letzten Entstehen eines Anspruchs mindestens 12 Monate Versicherungszeit  (§ 24 SGB III, § 26 SGB III) am Stück oder mit Unterbrechungen zurückgelegt worden sein.
    Das Entstehen eines neuen Anspruchs (Stammrechts) erkennen Sie daran, dass sich die Anspruchsdauer verlängert. Evtl. ändert sich auch die Alg-Höhe.

Beispielberechnung:
01.01.2018-31.12.2018 Versicherungszeit
01.01.2019-30.04.2019 arbeitslos mit Alg (neuer Anspruch)
01.05.2019-31.01.2020 Versicherungszeit   
01.02.2020-30.06.2020 arbeitslos mit Alg (alter Anspruch)
01.07.2020-31.10.2020 Versicherungszeit
01.11.2020                     arbeitslos mit Alg (neuer Anspruch)

Am 01.01.2019 ist ein neuer Anspruch entstanden. Die erste Frist für die Absenkung des zumutbaren Entgelts beginnt zu laufen und läuft bis 30.04.2019 (Monate 1-4). Am 01.02.2020 beginnt keine neue Frist, da nur 9 Monate gearbeitet wurde. Es läuft die alte Frist (Monate 5-6) weiter. Da am 01.02.2020 noch die alte Frist weiterläuft, gilt als Bezug auch das alte Entgelt als Grundlage.
Eine neue Frist mit neuem Entgelt beginnt ab 01.11.2020, da jetzt zusammen über 12 Monate gearbeitet wurden. Ein neuer Anspruch ist entstanden.

Unterbrechung der Frist

Die Frist für das zumutbare Arbeitsentgelt läuft nur in der Arbeitslosigkeit weiter. Die Frist läuft also nicht weiter, wenn Sie

  • versicherungspflichtig arbeiten
  • Krankengeld von der Krankenversicherung beziehen
  • geförderte Maßnahmen der Agentur besuchen
    (Weiterbildung § 81 SGB III, Bewerberseminare § 45 SGB III)

Solche Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit werden bei der Fristberechnung übersprungen. Hat vorher eine Frist begonnen, läuft sie erst wieder nach der Unterbrechung weiter.
Falls Sie in der Unterbrechung gearbeitet oder Krankengeld bezogen haben, kann danach ein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstehen. Dann wird ein neues Arbeitsentgelt berechnet. Die Frist beginnt von vorne zu laufen.

Beispiel:
01.01.2018-31.12.2018 Versicherungszeit
01.01.2019-30.04.2019 arbeitslos mit Alg (neuer Anspruch)
01.05.2019-31.01.2020 Versicherungszeit   
01.02.2020-30.04.2020 arbeitslos mit Alg (alter Anspruch)
01.05.2020-30.06.2020 Weiterbildung mit Alg-W
01.07.2020-31.08.2020 arbeitslos mit Alg (alter Anspruch)
01.09.2020-31.12.2020 Versicherungszeit
01.01.2021                     arbeitslos mit Alg (neuer Anspruch)

Im Beispiel ist die Frist während der Versicherungszeit ab 01.05.2019 und während des Besuchs der Weiterbildung unterbrochen und läuft jeweils unmittelbar danach weiter.

Zumutbarer Lohn

Die Berechnung des zumutbaren Lohnes ist einfach. Die Agentur für Arbeit liefert die Zahlen mit dem Bewilligungsbescheid. Sie finden dort:

  • tägliches Bemessungsentgelt (§ 151 SGB III)
    -> Ihr bisheriger durchschnittlicher Bruttolohn
  • tägliches Leistungsentgelt (§ 153 SGB III)
    -> Ihr bisheriger durchschnittlicher Nettolohn
        (Bruttolohn minus pauschalierte Abzüge)
  • täglicher Leistungssatz (§ 149 SGB III)
    -> Ihr Arbeitslosengeld

Sie benötigen für die Berechnung aus Ihrem Bewilligungsbescheid folgende Daten:

  • Bemessungsentgelt
    Es handelt sich um den errechneten bisherigen Bruttolohn je Tag.
    Mit 30 multipliziert ergibt sich der monatliche Bruttolohn.
    In den ersten 3/6 Monaten ist ein Abschlag von 20/30% vom so errechneten Bruttolohn zumutbar.
  • Leistungssatz
    Es handelt sich um Ihr Arbeitslosengeld je Tag.
    Mit 30 multipliziert ergibt sich das monatliche Arbeitslosengeld.
    Ab dem 7. Monat ist ein Nettolohn in Höhe des Leistungssatzes/Arbeitslosengelds zumutbar.

Zumutbarer Stundenlohn

  • Tägl. Bemessungsentgelt x 30 x 3 : 13 : Stundenzahl je Woche beim neuen Arbeitgeber
  • Beispiel für 1.-6. Monat
    tägl. Bemessungsentgelt:            80,00 €
    künftige wöchtl. Arbeitsstunden:     38 Std.
    1) 80,00€ x 30 x 3 : 13 : 38 Std. = 14,57 €/Wo.
    2) abzüglich 20% (Mon. 1-3) oder 30% (Mon. 4-6).
    3) zumutbarer Stundenlohn
        1.-3. Mon.: 14,57€ x 0,8 = 11,66€ Std.-Lohn
        4.-6. Mon.: 14,57€ x 0,7 = 10,20€ Std.-Lohn

Zumutbarer Monatslohn

Zur Erklärung haben wir den Arbeitslosengeld-Rechner der Bundesagentur für Arbeit mit folgenden Werten befüllt: 2021 – Bruttolohn bisher 2.500  €/Mon. – Steuerklasse I/IV

Ergebnis

  • Bemessungsentgelt:
    82,19€/Tag
    mit 30 Tagen multipliziert, geht die AA von folgendem bisherigen Bruttolohn aus: 2.465,70€/Mon.
  • Leistungssatz:
    34,09€/Tag
    mit 30 Tagen multipliziert, geht die AA von folgendem bisherigen Nettolohn aus: 1.022,70€/Mon.

Grenzen der Zumutbarkeit aufgrund unserer Beispieldaten:

  • Zumutbarer Brutto-Lohn ab Beginn der Arbeitslosigkeit:
    2.465,70€ x 0,8 = 1.972,56€
  • Zumutbarer Brutto-Lohn ab dem 4. Monat der Arbeitslosigkeit:
    2.465,70€ x 0,7 = 1.725,99€
  • Zumutbarer Netto-Lohn ab 7. Monat der Arbeitslosigkeit:
    1.022,70€

Hinweis: Auch wenn der angebotene Lohn zumutbar sein sollte, können andere Kriterien zur Unzumutbarkeit führen. Beispiel: Lohn knapp über der Zumutbarkeitsgrenze und weiter Weg zur Arbeit. Es gibt dazu aber keine Kriterien. Sie müssen mit Ihrem Arbeitsvermittler regen.

Mindestlohn und Zumutbarkeit

Auch wenn nach § 140 (3) SGB III ein niederer Lohn zumutbar ist, darf dieser den gesetzlichen Mindestlohn nach der Mindestlohnanpassungsverordnung nicht unterschreiten. Für bestimmte Branchen gelten branchenbezogene Regelungen die einzuhalten sind.

Für langzeitarbeitslose Arbeitnehmer gelten nach § 22 Abs. 4 Mindestlohngesetz (MiLoG) abweichende Regelungen. Die Langzeitarbeitslosigkeit errechnet sich nach § 18 SGB III.

Sperrzeit

Voraussetzungen

Eine Sperrzeit kann nur eintreten, wenn der Vorschlag

  • durch die Agentur für Arbeit erfolgt
  • der Arbeitgeber und die Art der Tätigkeit benannt ist
  • mit einer Belehrung über die Rechtsfolgen versehen ist
  • den Regelungen des § 140 SGB III, hier insbesondere Abs. 3 entspricht.

Immer wieder vorkommendes Beispiel:
Sie werden von der Agentur für Arbeit auf eine Stelle vorgeschlagen. Sie erhalten eine Absage, weil der Arbeitgeber einen anderen Bewerber einstellt. Nach Wochen kommt der Arbeitgeber von sich aus auf Sie zu und bietet Ihnen eine andere oder die gleiche Stelle im Unternehmen an.
Diese Stelle wird Ihnen jetzt nicht von der Agentur für Arbeit angeboten. Es kann keine Sperrzeit eintreten.

Den Text der Belehrung finden Sie in Anlage 1 der Fachlichen Weisungen zu § 159 SGB III.

Ablehnungsgründe

Auch wenn der angebotene Lohn gerade noch zumutbar erscheint, kann er durch andere Umstände (lange aber auch noch gerade zumutbare Pendelstrecke) unzumutbar werden. Neben der eigentlichen Lohnhöhe können eben auch andere wichtige Gründe für die Ablehnung von Stellenangeboten bzw. für die Aufgabe einer Arbeitsstellen angeführt werden. Sie finden solche Gründe in den Fachlichen Weisungen Pkt. 159.1.2.2 und 159.1.2.1 zu § 159 SGB III. Die Aufzählung der Agentur für Arbeit ist nicht vollständig und muss immer im Einzelfall beurteilt werden.

Nennen Sie deshalb alle Gründe, die die Annahme einer Stelle für Sie unzumutbar machen. Auch Gründe, die für Sie erst an vierter oder fünfter Stelle stehen. Denn nach den „Fachlichen Weisungen“ zu § 159 SGB III muss ein Arbeitsvermittler „alle Gründe und alle Umstände des Einzelfalls“ bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Selbst Gründe, die Sie nicht nennen, die der Arbeitsvermittler aber aufgrund früherer Beratungsgespräche kennen muss (siehe Fundstellen).

Sperrzeitdauer

  • Erste Ablehnung: 3 Wochen
  • Zweite Ablehnung: 6 Wochen
  • Weitere Ablehnungen: 12 Wochen

Für die Anzahl der Ablehnungen zählen auch Ablehnungen/Abbrüche von Maßnahmen und Ablehnungen in der Aktionszeit.
Sperrzeiten aus früheren Arbeitslosigkeitsperioden können mitzählen und letztendlich zum Verlust des ganzen Alg-Anspruchs führen.

Finanzielle Hilfen für die Arbeitsaufnahme

Für die Arbeitsaufnahme kann Ihnen Ihr Arbeitsvermittler Unterstützung im Rahmen des „Vermittlungsbudgets (§ 45 SGB III)“ gewähren. Jede Agentur für Arbeit/jedes Jobcenter hat dazu eigene „ermessenslenkende Weisungen“ erstellt, die voneinander abweichen. Hier finden Sie die ermessenslenkenden Weisungen des Jobcenters Landkreis Uelzen (Seite 2 unten).


Fundstellen

§ 16 Abs. 2 SGB III:

  • Unterbrechung der Arbeitslosigkeit
    Geförderte Weiterbildungen / Bewerberseminare (aktive Arbeitsmarktpolitik) zählen nicht als Arbeitslosigkeit, sondern unterbrechen sie.

§ 140 SGB III:

  • Fristbeginn – Entstehung des Stammrechts
    Pkt. 140.3 der Fachlichen Weisungen
    Das Stammrecht entsteht, wenn ein neuer Alg-Anspruch erworben wird.
  • Sittenwidriger Lohn
    Pkt. 140.2 der Fachlichen Weisungen
  • Zumutbarer Lohn
    Absatz 3 des § 140 SGB III
    Pkt. 140.3 der Fachlichen Weisungen

§ 14 SGB I:

  • Beratungspflicht des Arbeitsvermittlers
    Pkt. 1.2 der Fachlichen Weisungen

§ 18 SGB III:

  • Ermittlung der Langzeitarbeitslosigkeit

§ 159 SGB III:

  • Rechtsfolgenbelehrung zu Vermittlungsvorschlägen
    Anlage 1
  • Voraussetzungen für eine Sperrzeit
    Pkt. 151.1.1.2 und folgende der Fachlichen Weisungen
  • Wichtige Gründe für die Ablehnung von Angeboten
    Pkt. 159.1.2.2 und 159.1.2.1 der Fachlichen Weisungen
  • Ihr Arbeitsvermittler wird alle Gründe berücksichtigen
    Pkt. 159.1.2 der Fachlichen Weisungen

 

Grundlagen
Begriffe

Aktionszeit
Aktionszeit ist die Zeit von der „frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung“ bis zum Beginn der Arbeitslosigkeit.